4 Museen - 1 Moderne
Gemeinschaftsausstellung aller vier Museen anlässlich des 100-jährigen Jubiläums der Neuen Sammlung
ERÖFFNUNG: 03.04.2025, 19.00 UHR
Eine Ausstellung von Sammlung Moderne Kunst/Bayerische Staatsgemäldesammlungen, Staatliche Graphische Sammlung, Architekturmuseum der TUM und Die Neue Sammlung – The Design Museum.
Der Aufbruch in die Moderne und die Anfänge des ersten staatlichen Designmuseums in Deutschland sind eng miteinander verbunden. Die Neue Sammlung – The Design Museum in München ist im Kontext moderner Reformbewegungen entstanden und hat sich von Anfang an dezidiert der Moderne und seitdem der zeitgenössischen Formgestaltung verpflichtet.
Anlässlich des 100 jährigen Bestehens der Neuen Sammlung – The Design Museum zeigen die vier Museen der Pinakothek der Moderne in einer Zusammenschau eine Auswahl besonderer Highlights, die die Moderne eingeläutet haben und abbilden.
Die Ära der Moderne wird von ihren Anfängen vor dem Ersten Weltkrieg bis zu ihrem Ende mit Beginn des Zweiten Weltkrieges, von ihren frühen Entwicklungen über ihre Hoch-Zeit bis hin zur selbstverständlichen Einbettung in den Alltag vorgestellt.
Zu den Highlights der Ausstellung gehören Objekte, die zur Transformation in die Moderne wichtige Beiträge geleistet haben oder den Prozess des Wandels abbilden.
Es ist die erste übergreifende Gemeinschaftsausstellung aller vier Museen in der Pinakothek der Moderne, die dem Thema der Moderne gewidmet ist.
Mehr Infos unter: Pinakothek der Moderne
4 Museen – 1 Moderne | Architekturmuseum der TUM

In Nachfolge der von Walter Gropius 1923 am Bauhaus propagierten „Internationalen Architektur“ wurde auf der Werkbundsiedlung „Am Weißenhof“ in Stuttgart 1927 ein „Sieg des neuen Baustils“ (Walter Curt Behrend) propagiert, der allerdings in Bayern nur wenige nennenswerte Spuren hinterließ: es gab ein „Neues Stuttgart“, ein „Neues Berlin“ oder ein „Neues Frankfurt“, aber kein „Neues München“. Vorherrschend waren traditionelle Bauten, nur wenige Beispiele moderner Architektur können benannt werden. Dazu zählen die Postbauten der Hochbauverwaltung der bayerischen Abteilung des Reichspostministeriums unter Robert Vorhoelzer und Walther Schmidt, der Schubert- und Lessinghof in Augsburg von Thomas Wechs sowie einige Bauten für neue soziale Bauaufgaben wie das Ledigenheim von Theodor Fischer in München.
Die Bestände des Archivs des Architekturmuseums der TUM – 1868 als Lehrmittelsammlung für den Architekturunterricht eingerichtet – waren historisch ein Spiegel des bayerischen Baugeschehens. Deswegen fehlten über viele Jahre Werke der Moderne. Dank einer strategisch ausgerichteten Sammlungstätigkeit konnte erst seit Mitte der 1970er-Jahre diese Lücke geschlossen werden. Bedeutende Nachlässe von Richard Riemerschmid und Vertretern eines „Neuen Stuttgart“ – darunter der in Vergessenheit geratene Architekt Adolf Schneck – und eines „Neuen Frankfurt“ wie Martin Elsaesser oder des im Umfeld des Dessauer Bauhauses arbeitenden Richard Paulick wurden akquiriert. Zudem gelangten beispielsweise über den Nachlass von Hans Schwippert, der zunächst bei Erich Mendelsohn gearbeitet hatte, Zeichnungen zur Färberei „Krasnoje Snamja“ in Leningrad (St. Petersburg) und dem Haus Aron in Berlin in das Archiv. Über die Schenkung der Bestände des Publizisten Hans Eckstein bereicherten wertvolle Abzüge von herausragenden Fotografen der Neuen Sachlichkeit wie Hans Finsler, E.M. [Evert Marinus] van Ojen, Albert Renger Patzsch oder Eduard Wasow die Sammlung.
„Licht, Luft, Öffnung für ein befreites Wohnen“ (Sigfried Giedion), Rationalisierung, neue soziale Bauaufgaben, der Neue Mensch und eine neue Ästhetik waren bestimmende Themen und Motoren der Moderne. Die Gemeinschaftsausstellung „4 Museen – 1 Moderne“ präsentiert dazu Highlights aus dem Archiv des Architekturmuseums der TUM, darunter Aufnahmen aus der Bauzeit der Werkbundausstellung „Am Weißenhof“ in Stuttgart von Dr. [Otto] Lossen & Co., seltene Fotografien des Bauhausgebäudes von Lucia Moholy, die gemeinnützige Wohnsiedlung „De Kiefhoek“ in Rotterdam von J.J.P. Oud, das Erholungsheim „Haus auf der Alb“ in Bad Urach von Adolf Schneck, das „erste Kugelhaus der Welt“ von Peter Birkenholz und Architekturphantasien einer „Casa Nova“ von Hermann Finsterlin. Einige dieser Exponate werden erstmals öffentlich gezeigt.
Moderne und Neues Bauen

Die Entstehung der modernen Architektur ist Teil von gesellschaftlichen und technischen Veränderungen im Zuge der Industrialisierung. Ein Kennzeichen ist die Abwendung vom Historismus, d.h. vom Bauen mit historischen Stilformen. Die Architektur sollte aus den Funktionen entwickelt werden und sachlich und zweckmäßig sein. Dabei spielten der Einsatz neuer Materialien wie Stahl und Beton sowie Typisierung und Rationalisierung eine große Rolle. Zu den Vorbildern des Neuen Bauens in der Weimarer Republik zählten u.a. die von der Künstlergruppe De Stijl entwickelten Vorstellungen einer universellen „harmonischen“ Architektur sowie die Bauten des Rotterdamer Stadtbaurats J. J. P. Oud. Wichtige Stationen waren das Bauhaus, die Ausstellung 1923 „Internationale Architektur“ und die Weißenhofsiedlung 1927 in Stuttgart. Das auf geometrische Grundformen reduzierte „Neue Bauen“ spielte aber ähnlich wie die von Erich Mendelsohn vertretene expressionistische Architektur in der Weimarer Republik nur eine Nebenrolle im gesamten Baugeschehen. Erich Mendelsohn zählte allerdings in den 1920er-Jahren zu den erfolgreichsten deutschen Architekten, sein 1924 eingeweihter Einsteinturm in Potsdam avancierte mit einer modulierten freien Form zum Inbegriff expressionistischer Architektur.
Moderne Architektur sollte mitwirken an der Verbesserung hygienischer und sozialer Zustände. Einem an Licht, Luft und Sonne orientierten Bauen kam deshalb ebenso wie Sozialsiedlungen, Sozialbauten und Ferienheime für Angestellte besondere Bedeutung zu. Ein herausragendes soziales Reformprojekt entwickelte der Frankfurter Siedlungsdezernent Ernst May mit zahlreichen Wohnsiedlungen und funktionalen Ausstattungen des „Neuen Frankfurt“.
Auch heute noch sind die Begriffe „Moderne“ und „modern“ für die meisten Menschen positiv besetzt, sie transportieren nicht nur Leitideen wie zeitgemäß, Abwendung von historischen Formen und Fortschritt, sondern implizieren auch eine positive moralische Wertung.
Neue Ästhetik

Wie die neue Architektur für die neue Zeit gestaltet werden sollte, war ein zentrales Thema der 20er Jahre. Die vom Deutschen Werkbund herausgegebene Zeitschrift Die Form, die sich der Formgebung von industriell hergestellten Gebrauchsgütern und der Gestaltung einer neuen Lebenswelt widmete, veröffentlichte 1926 einige Definitionen, mit denen das Neue Bauen vom „bisherigen Bauen“ abgegrenzt werden sollte. Während früher Bauten individuell gestaltet und entworfen worden seien, werde im Neuen Bauen konstruiert, organisiert, systematisiert und typisiert; während bisher mit Symmetrie und Achsen Ordnung geschaffen wurde, sollten beim Neuen Bauen durch Asymmetrien Gleichgewicht und Harmonie gefunden werden. Beim Konstruieren sollte vom statischen Gefüge ausgegangen und das „innere Kräftespiel“ sichtbar gemacht werden, dann würden Formen und Proportionen zum „lebendigen“ Ausdruck der Funktion. Die konstruktiv entwickelten Zweckformen sollten eine „knappe Prägnanz der Linienführung“, „vollendete Proportionen“ und „straffe Gespanntheit“ der Flächen zeigen. Als höchstes Ideal des Bauens galt Sachlichkeit: „In reiner Nacktheit wird das Neue entstehen, ehrlich und wahr.“ (Richard Döcker)
Neue Materialien und Techniken

Neue Materialien wie Eisen und Eisenbeton ermöglichten den Bau weit überdeckter Räume und eröffneten den Weg zur Gestaltung völlig neuer Formen und Wirkungen. Da das Bauen in den 20er Jahren geprägt war von starken finanziellen Zwängen, wurde Rationalisierung immer wichtiger. Bereits Anfang der 1920er Jahre organisierten Architekten den Einsatz von Maschinen und Kränen auf ihren Baustellen. Als Leitbild für Rationalisierung im Bauen diente vielfach Henry Fords Autoproduktion vom Fließband. Dieses Prinzip demonstrierte Walter Gropius beim Bau der Siedlung in Dessau-Törten (1926–1928), die entlang einer Kranbahn entstand. Alle Arbeitsvorgänge waren so konzipiert, dass ein fließbandartiger Bauprozess erfolgte. Einen anderen Weg beschritt Ernst May, der in Frankfurt die erste Plattenbaufabrik einrichten ließ, um Wohnungen aus vorfabrizierten Fertigteilen montieren zu können. Bauen im Maschinenzeitalter wurde zum Begriff für eine fortschrittsorientierte Haltung.
Neue Institutionen

Bauhaus ist ein international geläufiger Begriff, mit dem pauschal moderne Gestaltung und insbesondere moderne Architektur der 1920er- und 1930er Jahre bezeichnet wird. Das 1919 von Walter Gropius in Weimar gegründete „Staatliche Bauhaus“ war ursprünglich eine Reformschule zur Verknüpfung von Kunst und Handwerk, seit 1923 sollte im Zusammenwirken von Kunst und Technik eine einheitliche neue Gestaltung erfolgen. 1925 musste das Bauhaus aus politischen Gründen nach Dessau umziehen, wo die Reformschule als „Hochschule für Gestaltung“ eine städtische Einrichtung wurde und einen wegweisenden Neubau von Walter Gropius erhielt. 1928 übernahm Hannes Meyer das Bauhaus, ihm folgte 1930 Ludwig Mies van der Rohe als dritter Direktor der Schule, die 1933 von den Nationalsozialisten geschlossen wurde.
Die wichtigsten Entwicklungen im Bauen der Weimarer Republik vollzogen sich aber nicht am Bauhaus, wo Architektur erst seit 1927 unterrichtet wurde, sondern in privaten Architekturbüros, in den städtischen Bauämtern von Frankfurt am Main, Berlin und Hamburg sowie in der Bayerischen Postbauverwaltung. Im Gegensatz zu vielen modernen Bauten, die bewusst einen Bruch mit historischer Bebauung zeigen sollen, beziehen sich die bayerischen Postbauten maßstäblich auf den Kontext ihrer Umgebung.
Neue Gesellschaft

Mit dem politischen und gesellschaftlichen Umbruch nach dem Ersten Weltkrieg schien eine grundlegende Verwandlung der Welt möglich, dazu sollte die Vergangenheit radikal abgestoßen und ein „Neuer Mensch“ erzogen sowie eine neue Gesellschaft aufgebaut werden. Der Neue Mensch sollte nicht mehr national fixiert, sondern mobil, sportlich und international sein. Da die Schaffung von Wohnraum erstmals eine für den Staat verbindliche Aufgabe war, entwickelten sozial engagierte Architekten und Architektinnen neue Wohnformen, die den veränderten gesellschaftlichen Verhältnissen entsprachen und zu neuen Lebensformen führten. Auf jede Form von Repräsentation wurde verzichtet, Bauten dienten als „Gebrauchsgegenstand“. Mit funktional organisierten Grundrissen sollte die Frau von der Hausarbeit befreit und damit beruflich selbständig werden. Zur Erziehung des neuen Menschen dienten neue Freiluft-Schulen, die den Typ der alten Schulkasernen ablösten. Sozialbauten und Sanatorien gegen die Armutskrankheit Tuberkulose demonstrierten die sozialpolitischen Ziele des neuen Staates.