Verordnete Modernität
Dissertation von Cansu Degirmencioglu
Die türkische Republik ging aus dem Ersten Weltkrieg und dem Unabhängigkeitskrieg besorgt über ihre Wahrnehmung in den Augen des Westens hervor. Sie stellte sich als Nation dar, die die jüngsten Misserfolge von ihren zukünftigen Zielen trennte. Daher war eine harmonische und gesunde Nation ein Schlüssel, um diese Ziele zu erreichen. Obwohl der Mangel an medizinischem Wohlbefinden in der Türkei andere Gründe hatte als im industrialisierten Westen, wurden die Vorbilder der medizinischen Modernisierung dennoch aus westlichen Ländern ausgewählt. Zusammen mit einer Reihe von Revolutionen, wurde die Architektur in eine neue Disziplin verwandelt, die eher durch soziale als durch visuelle Belange bestimmt wurde, und die ein Mittel war, um die gewünschte gesunde Nation zu schaffen.
Die Wahrnehmung und Umsetzung dieser „Moderne“ führte zu besonderen Fallstudien, sowohl in der Architektur als auch in der Medizin. Diese Forschung zielt darauf ab, sowohl zur Geschichte der modernen Architektur als auch der Medizin in der Türkei beizutragen, indem diese Zusammenhänge untersucht und einen Rahmen für die Medizinisierung der Architektur zwischen 1923 und 1950 schafft. Zu diesem Zweck wird die Wahrnehmung der „Moderne“ und damit der abendländischen Einflüsse auf die türkische Architekturkultur untersucht, indem die Darstellungen von hygienischen Wohnungen, gesunden Körpern, medizinischen Einrichtungen und Badeanstalten in offiziellen Veröffentlichungen, Magazinen, Ausstellungen und medizinischen Zeitschriften und verschiedenen Dokumenten aus der Architekturpraxis analysiert werden. In einem interdisziplinären Ansatz wird untersucht, wie der Staat, die Stadtplaner, Architekten und Frauen als medizinische Erzieher beim Erschaffen des „neuen Menschen“ und seines gesunden Lebensumfelds fungierten.